Geschichte
des Kollegs

Bis zur Aufhebung des Ordens 1773

Die Gründung einer Schule der Jesuiten in der kaiserlichen Residenzstadt Innsbruck erfolgte auf Wunsch Kaiser Ferdinands I. Als Vertreter des Ordens leitete der hl. Petrus Canisius die entsprechenden Verhandlungen, die 1561 zur Übergabe einer ersten Wohnstätte im „Kaiserspital“ (einer Stiftung für alte, bedürftige Menschen in der heutigen Universitätsstraße) samt anschließender Salvatorkapelle führten. Der Bau eines eigenen Kollegs begann 1562 und wurde 1573 fertiggestellt. 1568 bis 1571 entstand durch Erweiterung der Kapelle eine erste Dreifaltigkeitskirche. Dieses Gotteshaus wurde bald zu klein. Die Errichtung der heutigen Jesuitenkirche begann 1627, geweiht wurde sie 1646.

Die Schule wurde am 25. Juni 1562 mit dem Unterricht für 71 Schüler eröffnet. Der Unterricht erfolgte zunächst im „Neuen Stift“ (heute Volkskundemuseum), ab 1575 im Jesuitenkolleg, bis mit dem Bau eines neuen Gymnasiums 1606 neue, besser geeignete Räume für die wachsende Schülerzahl zur Verfügung standen. 1587 wurde das sogenannte Nikolaihaus als Armenkonvikt errichtet, das mittellosen Schülern den Besuch des Gymnasiums und später der Universität ermöglichte. 1722/23 musste das Schulgebäude erneut ausgebaut werden – in den letzten Jahren vor der Aufhebung des Ordens besuchten über 500 Schüler das Jesuitengymnasium.

Kaiser Leopold I. entsprach dem Wunsch der Innsbrucker Stadtväter und Tiroler Landstände, in Innsbruck eine Universität zu gründen. Um die dafür notwendigen Mittel aufzubringen, wurde 1669 der sogenannte „Salzaufschlag“ eingeführt: Der Preis des Salzes aus der Saline in Hall wurde um 12 Kreuzer je Fuder erhöht. 1677, nachdem Philosophische, Theologische, Juridische und Medizinische Fakultät ihre Tätigkeit bereits aufgenommen hatten, erfolgte durch kaiserliches Dekret und päpstliche Bestätigung schließlich die formelle Gründung der Universität. Kurz vor 1773 hatte die Philosophische Fakultät circa 200, die Theologische Fakultät etwa 120 Studenten.

Neben der Lehrtätigkeit bildete die Leitung der Marianischen Kongregationen einen weiteren Schwerpunkt: in der zweiten Hälfte des 18 Jahrhunderts zählte etwa die Akademikerkongregation über 1.500 Mitglieder, die der Bürger circa 1.400. Diese Kongregationen (von lat. „sich versammeln“) bildeten die Vorläufer der heutigen Verbindungen. Dazu kam die Seelsorge an der Jesuitenkirche und am erzherzoglichen Hof sowie die Tiroler Volksmission.

Nach der Aufhebung der Gesellschaft Jesu 1773 durch Papst Clemens XIV. (aufgrund politischen Drucks vonseiten Frankreichs und Spaniens) ging der gesamte Gebäudekomplex der Jesuiten in staatlichen Besitz über. Kaiserin Maria Theresia gründete 1775 in einem Teil des Kollegs das Theresianum, ein staatliches Adeligenkonvikt (1784 durch Joseph II. aufgehoben, 1826 wieder eröffnet). Der Rest des Gebäudes wurde der Universität überlassen, bis diese 1781 durch Joseph II. aufgehoben und in ein Lyzeum umgewandelt wurde. Kaiser Franz I. stellte zwar die Universität 1826 wieder her, jedoch zunächst nur mit einer philosophischen und juridischen Fakultät.

Nach der Wiedererrichtung des Ordens 1814

Nach längeren Verhandlungen übernahm der Orden 1839 die Leitung des Gymnasiums, des Adeligenkonvikts Theresianum und zusätzlich dazu die Betreuung der Dreifaltigkeitskirche. Mit Unterstützung von Erzherzog Maximilian d’Este (1782–1863, Hoch- und Deutschmeister) erwarb der Orden wieder das Nikolaihaus als Wohnsitz der Kommunität. In diesem Kolleg wurde 1842 das ordensinterne Theologiestudium eingerichtet. 1845 entstand auch ein Internat für nicht-adelige Zöglinge.

Nach dem neuerlichen staatlichen Verbot des Ordens 1848 konnten zwar einige Jesuiten bis zur Wiederzulassung 1852 in Innsbruck bleiben, ihr Wirken war aber auf Predigt und Seelsorge beschränkt. 1857 bewilligte Kaiser Franz Joseph I. die Errichtung einer theologischen Fakultät, die der Gesellschaft Jesu übertragen wurde. 1866 erhielt sie das staatliche Promotionsrecht und war für längere Zeit die größte Fakultät der Universität. Da der Orden das ehemalige Kollegsgebäude (die heutige Theologische Fakultät in der Universitätsstraße) nicht rückerstattet erhielt, erwarben die Jesuiten eine Reihe kleinerer Bürgerhäuser im Anschluss an das Nikolaihaus. Nach Um- bzw. Neubauten entstand daraus das heutige Jesuitenkolleg.

1858 erfolgte die Gründung eines Konvikts für Studenten der Theologie im Nikolaihaus, das sofort großen Zulauf hatte – schon im ersten Jahr zählte man 37 Theologen. Da die Zahl der Konviktoren von Jahr zu Jahr anstieg, reichte der Raum im Nikolaihaus bald nicht mehr aus, und ein Neubau wurde notwendig: Das Collegium Canisianum wurde mit Hilfe beträchtlicher Spenden der Altkonviktoren 1910 in der Tschurtschenthalerstraße erbaut und konnte 1911 bezogen werden. Aus diesem Seminar sind im Lauf der Zeit mehr als 3.000 Priester, 50 Bischöfe und 30 Äbte hervorgegangen. Konviktoren waren unter anderen der selige Bischof Vilmos Apor aus Ungarn und der amerikanische Jugendapostel Edward Flanagan. Seit Herbst 2007 ist es ein Internationales Theologisches Kolleg, in dem Priester und Ordensleute, die an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck ein Spezial- oder Aufbaustudium absolvieren, einen Wohnort, geistliches Programm sowie kompetente Studienbegleitung finden. Seit 2013 befindet sich das Canisianum wieder in Räumlichkeiten des Jesuitenkollegs in der Sillgasse.

Gleich nach der Machtübernahme durch das nationalsozialistische Regime wurde im Juli 1938 die Theologische Fakultät aufgehoben (die anderen Fakultäten wurden „gesäubert“ und Innsbruck zur „Deutschen Alpen-Universität“ erklärt). Als Reaktion darauf wurde eine päpstliche theologische Fakultät im Collegium Canisianum errichtet. Da jedoch das Canisianum noch im November desselben Jahres beschlagnahmt wurde, musste eine andere Lösung gefunden werden: das Canisianum ging ins Exil nach Sitten in der Schweiz. Unmittelbar nach dem Kriegsende 1945 erfolgte die Rückkehr nach Innsbruck in das zurückgegebene Gebäude. Seit den sechziger Jahren kommen verstärkt Seminaristen und Priester aus ehemaligen Missionsländern ins Canisianum zur Ausbildung, welches damit heute im Dienst der Weltkirche steht.

Das Jesuitenkolleg wurde 1939 enteignet und als Polizeidirektion benutzt; die Rückgabe erfolgte 1945. Allerdings dauerte es noch bis 1957, bis die darin angesiedelten Behörden zur Gänze ausgezogen waren. Die Dreifaltigkeits-/Jesuitenkirche wurde beim ersten Bombenangriff auf Innsbruck im Dezember 1943 sehr schwer beschädigt. 1946 begann die Instandsetzung, und im April 1953 wurde sie von Bischof Rusch neu geweiht.

1945 beschloss der Senat der Universität die Wiedererrichtung der Katholisch-Theologischen Fakultät. Der erste Dekan war P. Hugo Rahner SJ. Zu den berühmten Lehrern an der Fakultät zählten etwa P. Karl Rahner SJ sowie P. Josef Andreas Jungmann SJ. Seit 1977 gibt es auch Nicht-Jesuiten als Professoren. Die 1877 gegründete „Zeitschrift für Katholische Theologie“ (ZKTh) wurde von den Jesuiten-Professoren herausgegeben und war eine der ältesten wissenschaftlich-theologischen Zeitschriften des deutschen Sprachraums.

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